
Trail&Error Stories – Wie aus persönlichen Fehlern gemeinsame Stärke wächst
In vielen Teams wird über Erfolge gesprochen, aber selten über Fehler. Dabei entstehen genau dort oft die besten Ideen, die größten Entwicklungsschritte und die stärksten Verbindungen zwischen Menschen. Fehler sind nicht das Ende, sie sind oft der Anfang von etwas Neuem.
Mit der Methode Trail&Error Stories laden wir Teams dazu ein, ihre persönliche Fehlergeschichte zu erzählen. Denn: Wer den Mut hat, eigene Rückschläge zu reflektieren und zu teilen, macht aus Scham eine Stärke – und inspiriert andere.
Warum wir Fehler persönlich erzählen sollten
Fehler sind emotional. Und das ist gut so. Denn gerade in der persönlichen Auseinandersetzung mit einem Scheitern entsteht echtes Lernen. Wenn jedes Teammitglied seine eigene Geschichte erzählt, entsteht ein Raum voller Vertrauen, Neugier und gegenseitiger Wertschätzung.
Die Methode Trail&Error Stories basiert auf einem erzählerischen Prinzip der Story Circle-Methode des Drehbuchautors Daniel James Harmon. Diese Struktur lässt sich hervorragend nutzen, um aus einem echten Erlebnis eine kleine Held:innenreise zu bauen – mit Tiefpunkt, Wendung und Erkenntnis.
Die Methode: Trail&Error Stories
Zum Start in die Methode braucht es einen sicheren Raum: Ein kurzer Impuls zur Bedeutung von Fehlern, vielleicht eine persönliche Geschichte der Workshopleitung oder ein inspirierendes Zitat, hilft beim Ankommen. Ziel ist es, die Gruppe darauf einzustimmen, dass Scheitern erlaubt und Lernen erwünscht ist.
👉 Beispiel-Einstieg: „Erinnere dich an einen Moment, in dem etwas gründlich schiefgegangen ist, aber du heute froh bist, dass es genau so passiert ist.“
Jede:r Teilnehmer:in durchläuft nun gedanklich folgende Stationen – angelehnt an die klassische Held:innenreise bzw. Story Circle-Methode von Harmon:
1. You – Wer warst du damals?
Beschreibe kurz die Situation vor dem Fehler. Wer warst du? Was hast du versucht? Welches Ziel hattest du?
Beispiel 1: „Ich hatte gerade eine neue Rolle übernommen und wollte zeigen, dass ich alles im Griff habe…“
Beispiel 2: “Ich war neu als Dozentin in der Erwachsenenbildung – motiviert und ehrgeizig.“
2. Need – Was wolltest du erreichen?
Was hat dich angetrieben? Welches Bedürfnis, welche Motivation stand hinter deinem Handeln?
1: „Ich wollte alles alleine schaffen und bloß nicht um Hilfe bitten.“
2: „Ich wollte direkt überzeugen, mit viel Inhalt und Struktur.”
3. Go – Was ist passiert?
Beschreibe den Moment, in dem es schiefging. Was war der Wendepunkt?
👉 1: „Ich hatte eine wichtige Deadline, habe sie aber nicht gehalten und das ganze Team musste ausbaden, was ich nicht zugeben wollte.“
👉 2: “Ich überfrachtete die erste Sitzung – Theorie, Aufgaben, Fachtexte. Die Gruppe war überfordert und still.”
4. Search – Wie bist du damit umgegangen?
Wie hast du versucht, die Situation zu retten? Welche Emotionen, Gedanken oder Strategien kamen auf?
👉 1: „Ich habe alles versucht zu verschleiern. Aber das machte es nur schlimmer.“
👉 2: “Erst ärgerte ich mich, dann stellte ich mein Konzept um: Mehr Austausch, weniger Input.”
5. Find – Was hast du daraus gelernt?
Gab es einen Aha-Moment? Etwas, das dir klar wurde?
👉 1:“Ich habe gemerkt: Verletzlichkeit ist kein Zeichen von Schwäche, sondern eine Einladung zur Zusammenarbeit.“
👉 2: “Ich merkte: Mein Anspruch stand dem Lernen im Weg. Die Gruppe war der Schlüssel.”
6. Take – Was hat es dich gekostet?
Was war der Preis? Musstest du etwas aufgeben, verändern, neu lernen?
👉 1: „Ich musste meine Fassade aufgeben und lernen, Hilfe anzunehmen – das war nicht leicht.“
👉 2: “Es kostete Überwindung, Kontrolle abzugeben, aber es tat gut.”
7. Return – Wie bist du zurückgekehrt?
Wie bist du aus der Situation herausgekommen? Was hat sich verändert?
👉 1: „Ich habe offen mit dem Team gesprochen und plötzlich war die Verbindung viel stärker als vorher.“
👉 2: “Der Kurs wurde offener, die Teilnehmenden aktiver. Ich begleitete mehr als ich lehrte.”
8. Change – Wer bist du heute dadurch?
Was nimmst du mit? Wie hat dich diese Erfahrung verändert?
👉 1: „Heute weiß ich: Ich muss nicht perfekt sein, ich muss ehrlich sein.“
👉 2: “Heute baue ich auf Beziehung statt Inhalte und lasse Raum für Entwicklung.”
So läuft die Methode im Team ab
1. Vorbereitung
Einen sicheren Rahmen schaffen (z. B. mit Gesprächsregeln oder Check-ins)
2. Einführung in die Methode
- Story Circle kurz erklären
- Beispielgeschichte erzählen
- Fragen sichtbar machen (z. B. auf Karten oder als Handout)
3. Individuelle Reflexion
- Jede:r schreibt oder zeichnet die eigene Fehlergeschichte anhand der 8 Schritte
- Dauer: ca. 30 Minuten
4. Storysharing
- Entweder im Plenum oder in 2er- oder 3er-Gruppen erzählen sich die Teilnehmenden gegenseitig ihre Geschichten
- Zuhörende stellen nur klärende Fragen, kein Coaching, keine Bewertung
5. Gemeinsame Reflexion im Plenum
- Was hat überrascht?
- Was verbindet euch trotz unterschiedlicher Geschichten?
- Welche „Fehlerkompetenz“ nehmt ihr mit?
Fazit: Mut zur Geschichte = Mut zur Entwicklung
Mit Trail&Error Stories wird Fehlerreflexion zur Ressource. Die Methode verbindet persönliches Lernen mit kollektiver Stärke und zeigt eindrücklich: Aus jedem Fehler lässt sich eine Geschichte machen, die weiterführt.
Fehler passieren. Geschichten bleiben.
Mach deine Fehler erzählbar – für dich, dein Team und eure gemeinsame Entwicklung.

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Beitragsbild: Illustration erstellt mit Unterstützung von KI (ChatGPT, OpenAI)